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Aufsatz anläßlich des Internet Auftrittes unseres CCMF Anfang 2005.
Einsatz der Myofunktionellen Therapie
Streng wissenschaftlich gesehen ist schon die Headline falsch, und es stellt sich die Frage, ob man diese überhaupt
jemandem recht machen könnte. Das, was hier beschrieben werden soll, wird im Volksmund ( und um den dreht sich eigentlich alles) mit „Myo" bezeichnet. Eine Mutter sagte mir:„Ja, mein Kind kriegt Myo!" Der Begriff „Myo" und es handelt sich tatsächlich um einen Begriff, der Verwendung findet, ist die allerabgekürzteste Abkürzung, die man sich denken kann für eine therapeutische Behandlung von Neuromuskulären Dysfunktionen im oro-facio-cranio-cervikalen Bereich des menschlichen Körpers; zu Deutsch: Im Hals, Kopf, Gesichts, Mund-Bereich.
Neuromuskuläre Dysfunktionen, auch als Dyskinesien bezeichnet, sind Störungen im Nerv/Muskelkomplex. Damit wäre fürs Erste beschrieben, womit sich unsere Web Company befaßt. Details folgen später. Die nächste auftauchende Frage: Wie setzt sich altersmäßig unsere Patientenschaft zusammen?
Gemeinhin wird „Myo" bei Kindern angewandt, die einen „Sprachfehler" haben. Der Ausdruck „Sprachfehler" treibt schon wieder den Wissenschaftler auf die Barrikaden. Wir werden auch das später oder andernorts zu präzisieren haben. Vielleicht findet sich ein Kollege unter den Lesern bereit, den „Sprachfehler" genauer zu definieren – er ist hiermit aufgerufen. Davon abgesehen ist die gesamte Aussage, daß „Myo" bei Kindern angewandt wird, die einen „Sprachfehler" haben, nun, sagen wir, recht vereinfacht. „Myo" und „Sprachfehler" haben wir moniert, „Kinder" ist nun ebenfalls sehr unpräzise. Nein, es gibt für unsere Therapie keine Altersbegrenzung. Wenn wir nur Kinder mit Sprachfehler behandelten, wo bliebe dann der Säugling, der (noch gar nicht sprechen kann/will) Probleme beim Saugen hat, beim Atmen durch die Nase statt fälschlich durch den nie geschlossenen Mund / Lippenspalt, der eine Dysfunktion dergestalt entwickelt, daß er an der eigenen Unterlippe saugt oder häufig die Zunge aus dem Mund heraus protrudiert ( was auch der Erwachsene oft als Dysfunktion oder "Habit" zeigt.) Wo wir gerade bei Letzteren sind: Wer sollte sich um das „Altersgesicht" kümmern, wenn wir unsere therapeutischen Bemühungen nur auf Kinder beschränken würden? Das Altersgesicht, in dem die „Gesichtszüge" entgleist sind, weil ein Teil der Muskulatur in ständigem, zu hohem Ruhetonus verkrampfen, ein anderer hypoton gehalten wird, was dann unter anderem beispielsweise die Physiognomie recht unvorteilhaft verändert. Wir sollen später besprechen, was das darüber hinaus für, man kann sagen „katastrophale" Folgesymptome nach sich ziehen kann. Aber zum Mittelbau der Alterspyramide: Wir können im Laufe unseres Lebens durch Streß, einen „Tick" oder krankheitsbedingt einen so großen Strauß an Dysfunktionen erwerben, daß das Leben dadurch nachhaltig erschwert ist.
Es ist schwierig, die Neuromuskulären Dysfunktionen in ein Schema zu bringen. Da wir hier damit begonnen haben, Altersgruppen einzuteilen, sollten wir zunächst in dieser Einteilung fortfahren: Kind, Erwachsener, Greis. Die andere
Möglichkeit wäre die Einteilung nach anatomischen Regionen. Genau so ungünstig, denn Fehlfunktionen richten sich weder nach Altersstufen, noch nach anatomischen Einteilungen. Sie sind in jeder Hinsicht grenzübergreifend. Wir könnten die Dysfunktionen alphabetisch auflisten oder, wie ich es in meinem Buch „ Myofunktionele Therapie, Band 3" unternommen habe, die physiotherapeutischen Übungen alphabetisch angeordnet beschreiben und zu diesen jeweils die Probleme, bei denen sie eingesetzt werden.
Frühes Kindesalter: Anfangs fallen in der beschriebenen Region ( Hals, Kopf, Gesicht, Mund ) vornehmlich drei Problembereiche auf in denen Störungen vorliegen können: Atmen, Saugen, Schlucken, (Darüber hinaus, aber zunächst den drei erwähnten noch untergeordnet, der Gebrauch des Hörapparates, der Stimme und der Augen (soweit die Probleme das Neuromuskuläre betreffen; es gibt für alle diese Bereiche Muskelübungen, für die Muskeln der Gehörknöchelchen, für die Stimmbandmuskulatur, die Augenmuskeln). Hier muß natürlich sogleich die bekannte Einlassung erfolgen von der „Henne und dem Ei". Bei Vorliegen gewebiger Veränderungen muß man sich fragen, ob die gestörte Funktion die Gewebeveränderung bedingt hat oder umgekehrt Im Säuglingsalter können wir die Variante der Gewebeveränderung durch Fehlfunktion ganz anfänglich wohl noch ausklammern. In diesen Fällen ist entweder eine Therapie gefragt, die es ermöglicht, gewebige Veränderungen durch Dehnung/Streckung von Hypomobilitäten oder Stenosen zu therapieren, Hypermobilitäten und eventuell bestimmte Hyperplasien durch Bewegungsbegrenzung, die oben erwähnten Zungen- und Lippenprobleme durch dezidiertes Umsorgen und Korrigieren. Aber auch die alternativlose Anwendung operativer Maßnahmen sollte als notwendig erkannt und von Myofunktionellen Behandlungsmaßnahmen vorbereitet, flankiert und rehabilitierend begleitet werden. Ein Feld eifriger Diskussionen ist in diesem Zusammenhang die Art des Stillens beim Säugling, Brust / Flasche und der "richtige" Sauger. Hier drängt sich dann ein weiterer Begriff in die Diskussion, der „Zungenstoß".
Es wird angenommen, daß der Säugling beim Trinken den vorderen Anteil der Zunge wie einen Pumpenkolben vorschiebt und zurückzieht. Wird dieser „Zungenstoß" nicht rechtzeitig abgebaut, persistiert, so führt das unweigerlich zu Verbiegungen der Kiefer- beziehungsweise Zahnbögen. Von diesem Zeitraum bis in das Kindesalter hinein erstreckt sich die Therapie von Schluckstörungen, hauptsächlich im ersten Drittel, wenn man den Schluckvorgang in drei Phasen betrachtet: 1. Mundraum, 2. Rachenraum, 3. Speiseröhre. Störungen in Zungenlage und Lippenschluß ziehen Fehlverhalten in der Luftstromleitung im Mund-/Nasenraum nach sich. Es ist wohl möglich, den Luftstromquerschnitt der Nase durch Training der Atemtechnik zu erweitern. Nasenoperationen sind bei gewissenhaften Pulmologen nicht das erste Mittel der Wahl. Es ist also eine rechtzeitige Diagnose des Atemverhaltens angebracht. Ähnlich verhält es sich mit dem Hören. Ein Kleinkind, das nicht in der Lage ist Vorgesprochenes korrekt zu hören wird auch nicht in der Lage sein, korrekt zu reproduzieren. So können sich Fehler aus dem Säuglingsalter in das Kleinkindalter fortsetzen und maximieren. Auch angelernte Habits gewinnen mehr und mehr an Bedeutung wie das Nuckeln am Kuscheltuch, Kuscheltier, am falschen Pacifier, wie man im Englischen (voller Hohn) den Nuckel nennt. Auch er kann, wie alles, was benuckelt ( und hier nicht expressis verbis aufgezählt) wird viel Unheil stiften.
Mit Beginn der Reproduktion der Sprache beginnt die "heiße Phase" der Sprecherziehung.
Veröffentlichungen hierüber füllen Wände von Regalen - darum hier nur diese kurze Erwähnung. Zu achten ist im frühen Kindesalter auf das Entstehen aller möglichen Habits. Sie sind nie unschädlich. Alle Belastungen der Gewebe über das Maß des Physiologischen Rahmens hinaus haben pathologische Konsequenzen. Beginnen sich dann die Zahnbögen zu füllen, setzt unsere Zusammenarbeit mit den Kieferorthopäden ein. Ich möchte provokativ formulieren: Kieferorthopädie ohne Myofunktionelle Konsultation ist nicht möglich.
Im späteren Kindesalter muß hier der Zahnwechsel überwacht werden. Wir sehen beispielsweise Behinderungen durch Zungen-, Wangen-, Lippen-beißen/-pressen, und mehr und mehr spielen nun auch die Kaumuskeln, die Adduktoren der Mandibula eine Rolle. Anhaltende Protrusion des Unterkiefers, permanent ausgeübtes Okkludieren, Pressen, Bruxieren zieht eine dauerhafte Fehlhaltung des Unterkiefers nach sich. Dies wirkt sich ungünstig auf die Zahnbögen und Parodontien aus, aber auch auf die Muskulatur und die Kiefergelenke. Auch treffen wir immer noch die Störungen aus dem frühen Kindesalter bezüglich der Atmung.
Im Erwachsenenalter spielen wohl die Störungen in den Mandibula-Adduktoren , den "Kaumuskeln" die Hauptrolle. Es kommt hier zu erheblichen Gewebsdegenerationen an den Zähnen, dem Zahnhalteapparat, den Kieferknochen, den Kaumuskeln selbst und den Kiefergelenken. Störungen aus den früheren Phasen treten immer noch auf, wie beispielsweise das Nuckeln. Hier ist es nun seltener der Daumen, als eher der Bleistift, das Zündholz, die Lippen, Fingernägel, Nietnägel, Haare vom Zopf oder Bart. Wir sehen noch Wangen-, Lippen- und Zungenbeißen oder -Pressen. Mundatmung spielt eine wichtige Rolle.
Sehen wir nun den alten Menschen, so sehen wir (übertrieben) gleichzeitig das Resultat all der nichttherapierten Störungen: Zähne sind verloren gegangen, prothetische Versorgungen stören den Schluckakt, die Zungenlagerung, die Lippenhaltung und natürlich die Unterkieferhaltung. Aber auch das äußere Gesicht läßt typische Veränderungen erkennen. Wir sehen eine Mischung aus Fehlbalanciertheit zwischen den Muskelzügen. In einigen ist der Tonus zu gering, andere haben einen permanent hohen Tonus. Ganz charakteristisch ist zum Beispiel das Bild in der Mundpartie mit schlaffen Wangenmuskeln und Mundwinkellevatoren. Der Mentalis hingegen wird hochgestaucht, der Lippenspalt schmal und breit gezogen. Das Resultat ist der mißmutige-grämliche Ausdruck.
Ein Muskelfunktionstherapeut wird sich für alle diese aufgezählten ( und die vielen hier nicht aufgezählten ) Störungen Übungen einfallen lassen, die, konsequent praktiziert, Erfolge versprechen. Das bringt mich zum Schluß zu einem wesentlichen Punkt der Therapie.
Zunächst muß uns die Möglichkeit gegeben sein, unsere Diagnose zu stellen. Dann müssen wir den Patienten überzeugen, daß eine Behandlung notwendig ist. Sodann müssen wir ihn zusätzlich davon überzeugen, daß er einen bedeutenden Part an Kontrollieren und Trainieren mit tragen muß. Compliance. Muskelfunktionstherapie ist nicht nur Physiotherapie. Es bedeutet für den Patienten Schulung des eigenen Verhaltens und dauerhafte Selbstüberwachung. Daran scheitern letztlich so häufig unsere Bemühungen.
(E.Thiele, Januar 2005)
Dieser kurze Absatz beschreibt einige wesentliche Merkmale der Myofunktionellen Therapie.
E. Thiele,May.2005Orofaziale Dyskinesien
Die orofaziale Dyskinesie ist eine Fehlfunktion der stomatognathen
Muskulatur, der ein unwillkürlich ablaufendes Reflexmuster zu Grunde liegt.
Ätiologisch werden primäre, verursachende und sekundäre, adaptive Fehlfunktionen
unterschieden. Zu den orofazialen Dyskinesien zählen viszerales Schluckmuster
und Zungenpressen, Wangensaugen und -beißen, Mundatmung, Lippensaugen und
-pressen sowie Mentalisdysfunktion und Lutschhabit. Die professionelle
Abgewöhnung der Dyskinesien kann bei guter Compliance zur dentoalveolären und
skelettalen Spontankorrektur führen. Bei Persistenz können Geräte wie
Mundvorhofplatte, Face Former oder Abschirmgeräte unterstützend zum Erfolg
führen [Klocke et al. 2000]. Selten bringt jedoch die isolierte apparative
Behandlung der morphologischen Abweichung eine Normalisierung mit sich.
http://www.zm-online.de/m5a.htm?/zm/22_03/pages2/titel2.htm
Bericht über das Symposium am Kompetenzzentrum für LKGN-Fehlbildungen
des Qualitätszirkels Cervico-Craniale-Myofunction "CCMF"
Siegen am 23. April 2005
"Therapie der LKGN-Fehlbildungen unter besonderer Berücksichtigung der bio-psycho-sozialen Vorgaben der WHO"
Das Kompetenzzentrum für LKGN-Fehlbildungen an der DRK-Kinderklinik Siegen und der Qualitiäitszirkel CCMF hatten zu einem fachübergreifenden Symposium nach Siegen eingeladen. Die Leitung hatte der Sprecher des Kompetenzzentrums, unser aktives und Gründungsmitgliedes der Wehcompanie
WWW.CCMF.DEProfessor Dr. Ur. Josef Koch. Als mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichneter Fachmann für die (Re-) Habilitation der Menschen mit Lippen-Kiefer-Gaumen-Nasen-Fehlbildungen hatte er das Symposium bewusst unter ein Thema gestellt, das die bio-psycho-sozialen Vorgaben der World Health Organization (WHO) hervorhob.
Die Teilnehmer wurden sehr freundlich begrüsst vom Leiter der DRK-Kinderklinik Siegen, Herrn Jochen Scheel. Er kann voll Stolz auf die Tatsache hinweisen, dass, in den heutigen rauhen Zeiten im Gesundheitswesen nicht alltäglich, die Klinik sich in einer deutlich sichtbaren Erweiterungsphase befindet, wohl nicht zuletzt dank des sehr erfolgreichen Wirkens von Professor Koch und seinem Team.
Professor Koch machte in seinem Einführungsvortrag klar, was sein dringlichstes und Hauptanliegen ist: Die frühzeitige strukturgerechte chirurgische Korrektur von so genannten "Spalten", den LKGN-Fehlbildungen und zwar nach einer strengen Norm und unter den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen, wie sie bezeichnenderweise die WHO-Klassifikation vorschreibt. Nur, indem man den erschreckenden Informationsmangel auf diesem Gebiet behebt, kann man ineffiziente Behandlungen umgehen und oft resultierende psychsoziale Störungen vermeiden.
Die Redaktion der CCMF-Website hat auf der Tagung allen Teilnehmern versprochen, die Zusammenfassung der fünf Vorträge ins Web zustellen, wo sie demnächst unter der oben erwähnten Adresse abrufbar sein werden. Wir sind von der Redaktion her bemüht, die Vortragsinhalte nicht dadurch zu vermitteln, das wir das verkürzt wiedergeben, was dem Redakteur in Erinnerung geblieben ist . Wir bemühen uns daher eine Zusammenfassung in die Site zu stellen, die von den Vortragenden selbst stammt. Dankenswerter Weise werden wir hierbei von Frau Dr. M. Grzonka unterstützt, der Team-HNO-Fachärztin.
Nachdem Professor Koch das Grundsatzkonzept vorgestellt hatte, wurden die Teilnehmer informiert über die Vor-, Begleit- und Nachbehandlung zur eigentlichen, zentralen Massnahme, der umfassenden, frühzeitigen chirurgischen Korrektur ( als Habilitation bezeichnet ) der Lippen-Kiefer-Gaumen-Nasen-Fehlbildungen.
Herr Dr. Holger Petri rief den Teilnehmern die notwendigen Details der Entwicklungsphysiologie ins Gedächtnis. Es ist natürlich zum Verständnis der umfassenden Operationstechnik , aber auch der gewissenhaften Begleittherapie erforderlich, stets die anatomischen und physiologischen Zusammenhänge genauestens im Blick zu haben. Man kann nur das Ziel erreichen, das man kennt, und man kann es nur erreichen, wenn man den Weg dorthin kennt.
Herr Dr. Hubertus Koch vermittelte den Teilnehmern dann einen Eindruck von der erforderlichen Operationstechnik auf dem Weg zum Ziel. Ohne diese optimale gestalterische Gewissenhaftigkeit bei der (Re-)Konstruktion des anatomisch-morpho-physiologischen Aufbaus aller beteiligten Strukturen sind alle sonstigen Therapieansätze in der Tat nichts weiter als Ansätze. Wir müssen uns die grosse therapeutische Bandbreite des Teams nicht nur bezüglich der Vielfalt der anatomischen Defekte, sondern auch im Hinblick auf das Patientenalter ( und somit ganz unterschiedliche Therapierbarkeit) von etwa 6 Monaten bis zu xy- Jahren vorstellen und darüber hinaus bezüglich zahlreicher diverser nicht ausreichender Vorbehandlungen anderen Orts.
Frau Dr. Magdalena Grzonka vertritt im Team die HNO-Heilkunde und zeigte den Zuhörern die Wechselwirkung von Therapieerfolgen zwischen dem Kiefer-Nasen-Rachenbereich und dem Hörorgan. Man kann sich durchaus vorstellen, dass ein Facharzt der einen Sparte vergebens gegen eine Erkrankung ankämpft, wenn im Nachbargebiet ( sowohl räumlich, als auch wissenschaftlich) kaum etw as geschieht.Obwohl anscheinend keines der Teammitglieder die Bedeutung der Nachbardisziplin verkennt, selbst darin bewandert ist und " die Flanken offen hält" ist darüber hinaus ein fest umrissener Platz im Therapieplan, auch für Patient und Umfeld.
Frau Wiedemann, Frau Lihl und Herr Hammel zeigten das ganze Spektrum der Möglichkeiten der Frühberatung und Frühtherapie, auch unter enger Einbindung der Mitarbeit von Patient und Familie. Gerade der psycho-soziale Aspekt bei dieser Art von Fehlbildungen kann nur dann mit bestem Erfolg für die Gesamttherapie Berücksichtigung finden, wenn die Compliance, die engagierte Mitarbeit von Patient und Familie einbezogen werden kann.
Frau Dr. Ulrike Kinzler als praktizierende Kieferorthopädin in eigener Praxis mit langjähriger Erfahrung konnte von den oben angesprochenen Fällen mit diverser Vorbehandlungen, die durchaus nicht selten wiederholt negativ verlaufen waren,berichten und zeigte sich überzeugt davon, dass das von Koch et al. vorgestellte
Verfahren von grossem Nutzen ist und die Arbeit der Kieferorthopäden mit den LKGN-Fehlbildungen sehr vereinfacht und unterstützt.Herr Dr. Klaus Berndsen vertrat unsere Position der Muskelfunktionstherapie, die ja davon ausgeht, dass die geschilderten Therapiemethoden und -erfolge nur dann von dauerhaftem Nutzen sein können, wenn gleichzeitig in Vor-, Simultan- und Nachbehandlung die neuromuskulären Regelkreise "eingeschaltet" werden.
Die Redaktion erinnert daran, dass gegenwärtig das Thema "Mechanotransduktion" für die Wirkung der Pressorezeptoren in neuromuskulären Regelkreisen des Organismus ein sehr aktuelles Forschungsthema weltweit darstellt. Für unsere Arbeit waren derlei Feed-Back-Mechanismen seit je her Grundlage unserer Einwirkmöglichkeit. Gelingt es uns, die physiologische Selbstregulation mit Hilfe der erweiterten MFT (Muskelfunktionstherapie im Kranio-Fazio-Oro-Naso-Pharyngealsystem) wieder in Gang zu setzen, so können wir auch die Erfolge in der LKGN-Therapie untermauern und vervollkommnen.
Dr. Berndsen legte in seinem Vortrag die Betonung auf eine Möglichkeit der Vereinfachung und Beschleunigung der MFT durch Hilfsmittel wie orale Stimulationsplatten und Face-Former. Die Anwendung von MFT-Übungen könne so effizienter gestaltet werden.
Das Symposium hat mit Sicherheit weitere störende Grenzen zur Zusammenarbeit der verschiedenen Fachdisziplinen fortgeräumt und wird schon dadurch für unsere gemeinsamen Patienten von grossem Nutzen sein.
Ausführliche Beiträge erscheinen demnächst in einer Zusammenfassung und als Originalveröffentlichungen auf unserer Website
Erhard Thiele, Kiel, 25.04.2005
Derzeit wird weltweit intensiv auf allen erdenklichen medizinischen Bereichen geforscht über das ThemaMechanotransduktion. Kurz gefaßt bedeutet das, wie spezielle Zellen auf mechanischen Druck im Gewebe reagieren.Früher bekannt unter der Bezeichnung Pressorezeptoren.Die Umwandlung eines physikalischen Stimulus über eine chemische Reaktion in ein elektrisches Signal .In unserem Spezialgebiet sind wir mit vielen, auch pathologischen Erscheinungen konfrontiert, die Reflexabläufe steuern oder verursacht sind durch muskuläre Hyper- oder Hypotension oder durch die Belastung des "multiple-movement-syndrome". Daher sind für unsere Therapiemethoden die neuen Erkenntnisse von sehr großer Bedeutung. Natürlich muß man als Praktiker zunächst versuchen, sich in das Thema einzulesen. Es gibt dazu im Internet eine Fülle von Beiträgen. Speziell fiel mir ein Hinweis im Internet auf: Es ist eine Dissertationsschrift, die, wie heute weithin üblich, in englischer Sprache abgefaßt ist. Es existiert dazu aber eine sehr übersichtliche Zusammenfassung in Deutsch.
Bischofs, Ilka Bettina:
Elastic interactions of cellular force patterns
Potsdam, Univ., Diss., 2004
im Internet unter: http://pub.ub.uni-potsdam.de/2004meta/0076/door.htm
Abstract deutsch:
Gewebezellen sammeln ständig Informationen über die mechanischen Eigenschaften
ihrer Umgebung, indem sie aktiv an dieser ziehen. Diese Kräfte werden an
Zell-Matrix-Kontakten übertragen, die als Mechanosensoren fungieren. Jüngste
Experimente mit Zellen auf elastischen Substraten zeigen, dass Zellen sehr
empfindlich auf Veränderungen der effektiven Steifigkeit ihrer Umgebung
reagieren, die zu einer Reorganisation des Zytoskeletts führen können.
In dieser Arbeit wird ein theoretisches Model entwickelt, um die
Selbstorganisation von Zellen in weichen Materialien vorherzusagen. Obwohl das
Zellverhalten durch komplexe regulatorische Vorgänge in der Zelle gesteuert
wird, scheint die typische Antwort von Zellen auf mechanische Reize eine
einfache Präferenz für große effektive Steifigkeit der Umgebung zu sein,
möglicherweise weil in einer steiferen Umgebung Kräfte an den Kontakten
effektiver aufgebaut werden können. Der Begriff Steifigkeit umfasst dabei sowohl
Effekte, die durch größere Härte als auch durch elastische Verzerrungsfelder in
der Umgebung verursacht werden. Diese Beobachtung kann man als ein
Extremalprinzip in der Elastizitätstheorie formulieren. Indem man das zelluläre
Kraftmuster spezifiziert, mit dem Zellen mit ihrer Umgebung wechselwirken, und
die Umgebung selbst als linear elastisches Material modelliert, kann damit die
optimale Orientierung und Position von Zellen vorhergesagt werden.
Es werden mehrere praktisch relevante Beispiele für Zellorganisation theoretisch
betrachtet: Zellen in externen Spannungsfeldern und Zellen in der Nähe von
Grenzflächen für verschiedene Geometrien und Randbedingungen des elastischen
Mediums. Dafür werden die entsprechenden elastischen Randwertprobleme in
Vollraum, Halbraum und Kugel exakt gelöst. Die Vorhersagen des Models stimmen
hervorragend mit experimentellen Befunden für Fibroblastzellen überein, sowohl
auf elastischen Substraten als auch in physiologischen Hydrogelen.
Mechanisch aktive Zellen wie Fibroblasten können auch elastisch miteinander
wechselwirken. Es werden daher optimale Strukturen als Funktion von
Materialeigenschaften und Zelldichte bzw. der Geometrie der Zellpositionen
berechnet. Schließlich wird mit Hilfe von Monte Carlo Simulationen der Einfluss
stochastischer Störungen auf die Strukturbildung untersucht.
Das vorliegende Model trägt nicht nur zu einem besseren Verständnis von vielen
physiologischen Situationen bei, sondern könnte in Zukunft auch für
biomedizinische Anwendungen benutzt werden, um zum Beispiel Protokolle für
künstliche Gewebe im Bezug auf Substratgeometrie, Randbedingungen,
Materialeigenschaften oder Zelldichte zu optimieren.